Das sozialgerichtliche Verfahren

Nahezu jede Entscheidung, von der man im Bereich des Sozialrechts persönlich betroffen wird, kann man gerichtlich überprüfen lassen.

Ist man beispielsweise mit der Rentenversicherung über die Höhe der auszuzahlenden Rente oder mit der Bundesarbeitsagentur über Leistungen im Zusammenhang mit dem Arbeitslosengeld nicht einer Meinung, dann kann man diese Entscheidung zur Überprüfung durch die Sozialgerichte stellen.

Wichtige formelle Voraussetzung einer Klage gegen eine die begehrte Leistung versagenden Entscheidung ist die Durchführung eines Vorverfahrens, § 78 SGG (Sozialgerichtsgesetz). Hat man gegen eine Entscheidung nicht binnen eines Monats Widerspruch eingelegt, dann wird diese Entscheidung für alle Beteiligten bindend. Es können also auch rechtswidrige und falsche Entscheidungen rechtskräftig werden und beanspruchen dann volle Gültigkeit.

Widerspruch ist binnen eines Monats bei der Stelle einzulegen, die die Entscheidung erlassen hat. Dies hat schriftlich zu erfolgen oder kann bei der fraglichen Stelle zur Niederschrift gegeben werden.

Nach Einlegung des Widerspruchs wird die Recht- und die Zweckmäßigkeit der Entscheidung von der zuständigen Stelle nochmals überprüft.

Soweit die Behörde die in dem Widerspruch vorgebrachten Argumente für stichhaltig erachtet, hilft sie dem Widerspruch ab und ändert ihre Entscheidung.

Bleibt die Behörde jedoch bei ihrer – für den Betroffenen ungünstigen – Auffassung zu Sach- und Rechtslage, so wird ein so genannter Widerspruchsbescheid erlassen, § 85 Abs. 2 SGG.

Spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchbescheids muss man dann gegen die Entscheidung Klage zu den Sozialgerichten erheben, um zu verhindern, dass die Entscheidung bestandskräftig und damit auch unanfechtbar wird.

Die Sozialgerichte sind besondere Verwaltungsgerichte, die die Aufgabe haben, die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, die im Bereich des Sozialrechts erlassen wurden, zu überprüfen. Die Angelegenheiten, mit denen sich die Sozialgerichte beschäftigen, sind in § 51 SGG aufgezählt. Unter anderem landen sämtliche Streitigkeiten rund um Fragen zur gesetzlichen Rentenversicherung, zur gesetzlichen Krankenversicherung, zum Arbeitslosengeld und zur Sozialhilfe vor den Sozialgerichten.

Eine Klage kann schriftlich bei dem Sozialgericht eingereicht werden oder man kann die Klage auch mit Hilfe der Rechtsantragsstelle bei den jeweiligen Sozialgerichten zur Niederschrift protokollieren lassen.

Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten und muss Kläger und Beklagten angeben. Es reicht dabei aus, wenn man auf Beklagtenseite die beteiligte Behörde angibt. Weiter sollen mögliche Beweismittel ebenso angegeben werden, wie die angefochtene Entscheidung in Kopie beigefügt werden soll.

Soweit eine Behörde über einen bestimmten Antrag nicht binnen angemessener Frist entscheidet, besteht die Möglichkeit eine so genannte Untätigkeitsklage zu erheben, § 88 SGG.

Örtlich zuständig ist grundsätzlich das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat. Steht der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann die Klage auch vor dem Sozialgericht erhoben werden, das für den Beschäftigungsort örtlich zuständig ist.

Es besteht vor dem Sozialgericht keine Verpflichtung, sich von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Gleichwohl ist es natürlich immer empfehlenswert, sich fachkundiger Hilfe zu bedienen.

Gerichtsverfahren vor den Sozialgerichten ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger und behinderte Menschen grundsätzlich gerichtskostenfrei, § 183 SGG. Andere Personen haben eine pauschale Gebühr in Höhe von Euro 150 für das Gerichtsverfahren vor dem Sozialgericht zu entrichten.

In den Verfahren vor den Sozialgerichten gilt der so genannte Amtsermittlungsgrundsatz. Das bedeutet, dass das Gericht verpflichtet ist, den maßgeblichen Sachverhalt selber zu ermitteln und alle entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen, § 103 SGG.

Auf Antrag des Klägers muss das Gericht allerdings einen bestimmten Arzt als Gutachter anhören. Die Kosten für diesen Sachverständigen können allerdings dem Kläger auferlegt werden, § 109 SGG.

Bei den Sozialgerichten werden für die verschiedenen Bereiche des Sozialversicherungsrechts spezielle Kammern gebildet, § 10 SGG.

Zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht werden die Beteiligten in aller Regel mit einer Frist von mindestens zwei Wochen geladen. Hierzu kann auch das persönliche Erscheinen der Beteiligten angeordnet werden.

Das Sozialgericht entscheidet über die Klage in aller Regel durch Urteil, § 125 SGG.

Gegen dieses Urteil kann binnen einen Monats nach Zustellung des Urteils des Sozialgerichts das Rechtsmittel der Berufung zum Landessozialgericht eingelegt werden, § 151 SGG. Die Berufung muss allerdings in dem erstinstanzlichen Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde hin vom Landessozialgericht ausdrücklich zugelassen worden sein, wenn der Wert des mit der Klage Begehrten einen Betrag in Höhe von 750 Euro nicht übersteigt.

Das Berufungsurteil des Landessozialgerichts kann dann wiederum von einer dritten Instanz, dem Bundessozialgericht in Kassel, im Rahmen einer Revision überprüft werden. Voraussetzung für dieses Rechtsmittel ist aber die Zulassung der Revision entweder in dem Urteil des Landessozialgerichts oder durch Beschluss des Bundessozialgerichts.