Das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren

Das im wesentlichen im SGB X (Sozialgesetzbuch 10.Teil) normierte Sozialverwaltungsverfahren soll sicherstellen, dass die für den einzelnen Betroffenen oft existentiellen Entscheidungen von den zuständigen Behörden in einer fairen, transparenten und nachvollziehbaren Art und Weise getroffen werden. Der einzelne Bürger ist in dem sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren nicht nur Objekt und Empfänger eines diverse Leistungen gewährenden Staates, sondern er ist Beteiligter an dem Verfahren mit Rechten und Pflichten.

Diese Beteiligtenrechte spiegeln sich nicht nur in dem Recht des Einzelnen wieder, bei der zuständigen Behörde Akteneinsicht zu beantragen, § 25 SGB X, sich von einem Anwalt oder sonstigen Beistand vertreten zu lassen, § 13 SGB X, oder dem Recht von der zuständigen Behörde vor einer Entscheidung angehört zu werden, § 24 SGB X. Zu den wichtigsten Rechten des Betroffenen gehört vielmehr auch die Möglichkeit, eine Entscheidung durch die Behörde einer Überprüfung zu unterziehen. Ist man mit dem Inhalt einer Entscheidung nicht einverstanden, kann man durch die Einlegung eines Widerspruchs zunächst erreichen, dass die Rechtmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit des behördlichen Handelns nochmals einer Überprüfung unterzogen wird. Bleibt die Behörde bei ihrer Entscheidung, so kann man vor das Sozialgericht oder in Ausnahmefällen vor das Verwaltungsgericht ziehen und dort klären lassen, ob die Entscheidung der Behörde formell und materiell mit dem Gesetz in Deckung zu bringen ist.

Die Rechte des Betroffenen

§ 13 SGB X normiert das Recht eines jedem am Verwaltungsverfahren Beteiligten, sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Beteiligter ist jeder, der bei einer Behörde einen Antrag stellt, jeder, gegen den sich ein Antrag richtet oder derjenige, an den die Behörde einen so genannten Verwatungsakt (Entscheidung im Einzelfall) richten will oder gerichtet hat.

Der Beteiligte kann von der Behörde verlangen, dass sich diese an den durch eine Vollmacht ausgewiesenen Bevollmächtigten wendet. Ebenso hat man das Recht, zu Verhandlungen bei der Behörde den Bevollmächtigten hinzuzuziehen.

Die Behörde hat den für den Einzelfall relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, § 20 SGB X. Dabei sind nach dem Gesetzeswortlaut von der Behörde ausdrücklich auch solche Umstände zu berücksichtigen, die für den Beteiligten günstig sind. Die Behörde kann sich im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung auf alle – gesetzlich zulässigen – Beweismittel stützen. Hierzu gehören insbesondere das Einholen von Auskünften, das Beiziehen von Akten oder Urkunden, das Hören von Zeugen oder auch die Einnahme des Augescheins. Insbesondere können auch über die Finanzbehörden Informationen über die Einkommens- und Vermögenssituation Beteiligter abgefragt werden.

Die Behörde ist weiter in jedem Fall verpflichtet, Erklärungen oder Anträge von Beteiligten entgegenzunehmen. Sie darf die Entgegennahme insbesondere nicht mit dem Argument verweigern, dass der Antrag oder die Erklärung unzulässig oder unbegründet sei.

Die Behörde soll den Beteiligten grundsätzlich nach § 24 SGB X anhören, bevor eine Entscheidung im Einzelfall erlassen wird.

§ 25 SGB X normiert schließlich das Recht von Beteiligten, Einsicht in die Verfahrensakten zu nehmen, soweit dies zur Wahrung der Rechte erforderlich ist. Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich allerdings ausdrücklich nicht auf Entwürfe von Entscheidungen durch die Behörde sowie Arbeiten zur unmittelbaren Vorbereitung der Entscheidung. Das Akteneinsichtsrecht erfährt weiter dann Einschränkungen, wenn dies aus medizinischen Gründen oder zum Schutz des Betroffenen geboten ist oder wenn Rechte Dritter durch den Akteninhalt betroffen sind.

Die Pflichten des Betroffenen

Wer Sozialleistungen in Anspruch nehmen will, hat gegenüber den Bewilligungsbehörden auch Pflichten zu erfüllen. Hierzu gehört zunächst, dass man – wahrheitsgemäß – alle Tatsachen anzugeben hat, die für die Entscheidung relevant sind, die Behörde von relevanten Änderungen unverzüglich in Kenntnis setzt und die Behörde – schon aus wohlverstandenem Eigeninteresse – die Beweismittel benennt, die den geltend gemachten Anspruch stützen sollen, § 60 SGB I.

Man muss auf Verlangen persönlich bei der zuständigen Behörde erscheinen, § 61 SGB I, muss sich bei Bedarf einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchung unterziehen, § 62 SGB I, muss sich erforderlichenfalls einer Heilbehandlung unterziehen, § 63 SGB I, oder an einer berufsfördernden Maßnahme teilnehmen, § 64 SGB I.

Kommt man den Mitwirkungspflichten ohne triftigen Grund nicht nach, so kann die begehrte Sozialleistung so lange ganz oder teilweise versagt oder entzogen werden, bis die Mitwirkungshandlung nachgeholt wird, § 66 SGB I.

Was die Behörde bei ihrer Entscheidung beachten muss

§ 33 SGB X schreibt vor, dass jede Einzelfallentscheidung der Behörde inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss.

Eine Behörde ist bei dem Erlass einer Entscheidung grundsätzlich nicht an eine bestimmte Form gebunden. Das bedeutet, dass eine Entscheidung grundsätzlich schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise ergehen kann. Bei einer mündlichen Einzelfallentscheidung hat man jedoch das Recht zu verlangen, dass die Entscheidung elektronisch oder schriftlich bestätigt wird.

Eine schriftliche oder elektronische Entscheidung ist im Regefall mit einer Begründung zu versehen, § 35 SGB X.

Schließlich hat die Behörde eine schriftliche Einzelfallentscheidung mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen, § 36 SGB X. Verabsäumt die Behörde, der Entscheidung eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen, so macht dies die Entscheidung noch nicht rechtswidrig. Die im Falle einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfbelehrung laufende Widerspruchsfrist von einem Monat verlängert sich jedoch bei Fehlen der Belehrung auf ein Jahr.